Südkurier 14.03.2017

Freies Vibraphonspiel antwortet auf werktreues Musizieren

Vibraphonist Dizzy Krisch greift bei einem Konzert auf der Insel Reichenau improvisierend barocke und moderne Stücke von Urs Läpple (Violoncello) und Susanne Götz (Cembalo) auf.

So etwas hört man nicht alle Tage: Susanne Götz, Dizzy Krisch und Urs Läpple ergänzen die werkgetreue Wiedergabe barocker und moderner Werke mit thematischen Interpretationen auf dem Vibraphon. Bild: Veronika Pantel

Zum besonderen Konzert luden die Tübinger Kammersolisten in die Heilig-Geist-Kirche auf der Reichenau. Und das war es wirklich – eine außergewöhnliche Klangerfahrung. Denn in Solo-, Duo- und Trio-Besetzung spielten Urs Läpple (Violoncello), Susanne Götz (Cembalo) und Dizzy Krisch (Vibraphon) – in dieser Kombination ganz selten im Konzert zu hören. Dabei starteten Cello und Cembalo ganz traditionell im Barock: Mit Bachs „Air“ schufen sie den meditativen Auftakt. Das Echo, das nach jedem der barocken Werke erklang, aber gestaltete Krisch weit weg vom Original: Mal ließ er sein metallenes Stabspiel mit den hängenden Röhren einzeltönig lang nachklingen, mal jonglierte er mit dem Notenmaterial einzelner Phrasen aus den Barockwerken, mal jagte er mit bis zu vier Schlegeln wild durch die Klaviatur – frei und jazzlastig improvisierend. Und im Echo zu Francois Couperins schönen „Pièces en Concert“ klang ganz verstohlen die Melodie des sanften, an ein Wiegenlied erinnernden Satzes „Plainte“ auf.

Im Duo überzeugten Läpple und Götz mit gut aufeinander abgestimmtem Spiel, einig in Artikulation, Phrasierung und dynamischer Gestaltung. Schön kantabel die Largo-Sätze aus Vivaldis e-Moll-Sonate, beherzt und flott die raschen.

Im Trio-Spiel mischten sich die Klänge der Instrumente apart, obwohl sich das Vibraphon deutlich zurücknehmen musste im Kirchenraum mit großem Nachhall. So aber gelang ein ausbalanciertes Spiel von Vivaldis erstem Satz aus dem D-Dur-Konzert. Auch in der Vivaldi-Zugabe oblag dem Vibraphon die Melodiestimme, und man vermisste Mandoline, Violine oder Flöte als Melodie gebende Instrumente überhaupt nicht. Besonders gut eigneten sich die „Arabesken“ von Bohuslav Martinu (1890-1959) zum Vortrag mit Echo-Spiel: Energische Akkord-Schläge vom Cembalo wie in tschechischer Volksmusik und melodische Cello-Weise fanden im Echo-Spiel gelungene Antworten. Beglückt verließen die zahlreichen Besucher das Konzert – ganz erfüllt von neuen, ungehörten Klängen.